Aufarbeitung sexualisierter Gewalt: Betroffene müssen im Mittelpunkt stehen

Landeskirchen und Diakonie bei Anhörung im NRW-Landtag

Düsseldorf. Menschen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, müssen in den Aufarbeitungsprozessen des erlittenen Unrechts die zentralen Personen sein. Das hat der Leiter des Evangelischen Büros, Oberkirchenrat Rüdiger Schuch, unterstrichen.

„Betroffene haben ein Recht darauf, gehört und beteiligt zu werden, ohne verpflichtet zu sein, sich an der Aufarbeitung zu beteiligen. Die Aufarbeitung ist in den Institutionen mit Nachdruck zu verfolgen. Unrecht und erlittenes Leid sind unbedingt anzuerkennen“, sagte der evangelische Vertreter bei Landtag und Landesregierung in NRW anlässlich einer Sachverständigen-Anhörung der Kinderschutz-Kommission des Parlaments in Düsseldorf. Der Schutz vor sexualisierter Gewalt dürfe sich nicht allein auf Kinder und Jugendliche beschränken, sondern müsse für alle Schutzbefohlenen unabhängig von Alter und dem potenziellen Tatort gelten.

Evangelische Kirchen in NRW und Diakonie bekennen sich zu ihrer Schuld

„Menschen im Raum der evangelischen Landeskirchen und ihrer Diakonie waren und sind sexualisierter Gewalt ausgesetzt. Beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende sind schuldig geworden als Täter:innen, Mitwissende, Wegschauende und Vertuschende. Strukturen und Kulturen in den Landeskirchen und ihrer Diakonie haben dies begünstigt. Die evangelischen Landeskirchen in NRW und ihre Diakonie bekennen sich zu dieser Schuld“, so Schuch. „Aus unserer Sicht ist weiterhin jede Anstrengung zu unternehmen, um Menschen wirksam vor sexualisierter Gewalt zu schützen. Dazu gehört eine umfassende Aufarbeitung in den Institutionen, und ich beziehe hier ausdrücklich die drei evangelischen Landeskirchen in Nordrhein-Westfalen und ihre Diakonie mit ein, für die ich spreche.“

Es geht nicht um das Ansehen der Kirche

Nicht das Ansehen der Kirche stehe im Fokus von Aufarbeitung und Prävention, sondern die Anerkennung von Leid, das aufrichtige Schuldbekenntnis der Landeskirchen und ihrer Diakonie gegenüber den Betroffenen sowie der Schutz vor sexualisierter Gewalt aller, die sich der Kirche und ihrer Diakonie anvertrauen und ihnen anvertraut werden, so Oberkirchenrat Schuch. „Aufarbeitung und Prävention sind nicht nur vorzunehmen, um berechtigten Erwartungen der Gesellschaft zu genügen oder einen Beitrag zu einem gesamtgesellschaftlichen Aufarbeitungsprozess zu leisten. Den Kirchen kommt vor dem Hintergrund des biblischen Zeugnisses und auf Grundlage des christlichen Menschenbildes eine besondere Verantwortung zu. Daraus resultiert der Auftrag, Menschen im Wirkungskreis der evangelischen Kirche vor sexualisierter Gewalt zu schützen und ihre Würde zu bewahren.“

Erfolgreich bei Prävention und Intervention

Gerade in Sachen Prävention und Intervention sind die Evangelische Kirche im Rheinland, die Evangelische Kirche von Westfalen, die Lippische Landeskirche und das Diakonische Werk Rheinland-Westfalen-Lippe weit fortgeschritten. Das wird aus der schriftlichen Stellungnahme deutlich, die zur Anhörung eingereicht wurde: So werden bzw. wurden auf allen kirchlichen Ebenen Schutzkonzepte erarbeitet, beruflich und ehrenamtlich Mitarbeitende geschult und Kirchengesetze zum Schutz vor sexualisierter Gewalt erlassen. Ab Herbst 2023 sollen die Ergebnisse der sogenannten ForuM-Studie vorliegen, an der alle Gliedkirchen der Evangelischen Kirche in Deutschland beteiligt sind.

  • 2.3.2023
  • Jens Peter Iven
  • EKiR