Zwei Jahre nach dem verheerenden Hochwasser in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zieht die Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe eine positive Zwischenbilanz: 25,2 Millionen Euro Spendengelder wurden bereits ausgegeben, 21,2 Millionen Euro sind für laufende und weitere Projekte gebunden. „Wir können heute sagen: Die Spenden sind bei den Betroffenen angekommen, und wir können vorausschauend auch in den kommenden zwei Jahren tatkräftig unterstützen“, sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe.
Zwei Jahre nach der Hochwasserkatastrophe mit mehr als 180 Toten sind nahezu alle eingegangenen Spendengelder in Höhe von 47,87 Millionen Euro ausgegeben oder verplant. Vor allem der Wiederaufbau gewinnt seit einigen Monaten an Fahrt, nachdem Betroffene zunächst bei staatlichen Stellen und Versicherungen Wiederaufbauhilfe beantragt haben. „Unsere Wiederaufbaugelder fließen da, wo weiterhin Finanzierungslücken bestehen. Wir stellen bis zu 25.000 Euro pro Haushalt zur Verfügung, wenn zum Beispiel Familien beim Eigenanteil finanziell überfordert sind“, erklärt Markus Koth, Fluthilfe-Koordinator der Diakonie Katastrophenhilfe. Mehr als 180 Einzelanträge sind bereits bewilligt worden, zehn Millionen Euro stehen insgesamt für Wiederaufbauhilfe zur Verfügung.
Zehn Teams im Einsatz
„Ich dachte damals, mir wird nicht mehr geholfen“, berichtet die 69-jährige Sibille Gilles de Sant’Ana aus Eschweiler. Die Wassermassen hinterließen 2021 schwere Schäden an ihrem Haus. „Ich wusste einfach nicht, wie ich die ganzen Handwerkerarbeiten finanzieren sollte“, erinnert sie sich. Thorsten Müller vom Fluthilfe-Team Eschweiler habe sie seit 2022 beraten und ermuntert, auch für den 20-prozentigen Eigenanteil bei den Wiederaufbaukosten Hilfe zu beantragen. „Ich wäre nirgendwo hingegangen und hätte nicht danach gefragt“, sagt Gilles de Sant’Ana, denn früher habe sie selbst gespendet. „Nach der Flut musste ich plötzlich Spendengelder in Anspruch nehmen. Das war mir sehr unangenehm. Herr Müller hat mir diese Scham genommen.“
Die Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe hat zehn mobile Teams im Einsatz. Sie kontaktieren Betroffene, klären über finanzielle Hilfen auf und begleiten Antragsprozesse – aber vor allem die betroffenen Menschen dahinter. „Wir haben festgestellt: Geld allein reicht nicht“, betont Markus Koth. „Unsere Teams stehen den Menschen bei und leisten wichtige psychosoziale Unterstützung. Viele Betroffene sind traumatisiert, nach zwei Jahren mit ihren Kräften am Ende und mit der Situation überfordert.“ Ein Punkt, den auch Frau Gilles de Sant’Ana unterstreicht: „Es geht nicht ausschließlich um die finanzielle Unterstützung – mir fehlten auch Menschen zum Austausch. Herr Müller ist für mich eine Vertrauensperson geworden. Ich habe meinen Nachbarn gesagt: Geht zu Herrn Müller, der hilft euch!“
Katastrophenvorsorge
Um den sozialen Wiederaufbau in Dörfern und Gemeinschaften zu unterstützen, stellt die Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe 4,2 Millionen Euro bis 2025 bereit. Beim sogenannten Quartiersmanagement werden die Katastrophenvorsorge und die Klimafolgenanpassung eine stärkere Rolle spielen. Wichtig ist, dass die Menschen zukünftig wissen, was im Katastrophenfall zu tun ist. „Was wir in vielen Ländern weltweit sehen, gilt auch in Deutschland: Im Moment einer Katastrophe braucht es funktionierende lokale Strukturen. Niemand kann heute ausschließen, dass sich solche Unwetter wie 2021 wiederholen, aber gemeinsam kann man mehr tun, damit daraus keine Katastrophe wird“, sagt Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe.
Die Diakonie Katastrophenhilfe setzt Hilfsprojekte in der Hochwasserregion über die Diakonie Katastrophenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe (RWL) um. Infos und Zahlen zur Hochwasserhilfe finden Sie unter Hochwasser in NRW und Rheinland-Pfalz | Diakonie RWL (diakonie-rwl.de)
Hinweis für Redaktionen:
Martin Keßler, Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, ist vom 10. bis 12. Juli im Ahrtal, der Eifel und Erftstadt und steht im Anschluss für Interviews zur Lage und Hilfe in der Region bereit.